Bücher | Drama | Frauen | Historie | Roman

„Das verlorene Kleid“ von Jade Beer

September 18, 2022

Information

Verlag: Random House
ISBN: ‎ ‎ 978-3-453-36124-9
Genre: Historischer Roman
Seitenzahl: 448
Format: Taschenbuch, eBook

Diese Rezension bezieht sich auf die Taschenbuchausgabe. Ich danke dem Random House Verlag für dieses Rezensionsexemplar.

Das Buch in einem Satz:
Wie eine Schnitzeljagd durch Paris

In den letzten Jahren – das habt ihr sicherlich auch schon bemerkt – habe ich ein großes Interesse an historischen Romanen. Weniger jetzt diese „Action“-Schinken, und viel mehr Romane in denen starke Frauen eine große Rolle spielen. Eigentlich dachte ich, dass ich mit „Das verlorene Kleid“ ein solches Buch in den Händen halte. Dass ich aber quasi „zwei zum Preis von einem“ bekomme, wurde mir erst beim Lesen bewusst.

Zwei Leben, innig verwoben

London, 2017. Lucille ist mit ihrem bisherigen Leben alles andere als zufrieden. Ihr Job ödet sie einfach nur an, und ihr Liebesleben ist quasi nicht-existent. Obendrein hat sie auch noch ein äußerst angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter. Der einzige Lichtblick in ihrem Leben ist ihre Großmutter Sylvie, mit der sie sich blendend versteht. Eines Tages bittet Sylvie ihre Enkelin, nach Paris zu reisen, um nach einem ganz bestimmten Dior-Kleid Ausschau zu halten. Was sie nicht ahnt: nicht nur EIN Kleid kreuzt ihren Weg, sondern viele verschiedene, die alle eine eigene Geschichte zu erzählen haben.

Paris, 1952. Alice ist die Frau eines englischen Botschafters. Doch die heile Fassade, die sie nach außen hin mit aller Gewalt aufrecht erhalten, um den Ruf ihres Mannes nicht zu schaden, bröckelt. Seitensprünge, die ihr Mann mit teuren Geschenken zu entschuldigen versucht, und eine generelle Kälte in ihrem Liebesleben belasten die Beziehung. Obendrein widert Alice die Oberflächlichkeit der gehobenen Gesellschaft an. Sie spürt, dass das Leben noch mehr zu bieten haben muss, und trifft auf einen Mann, der all das widerspiegelt, was Alice liebt. Sie gibt ihrer Sehnsucht nach und lässt sich auf diesen Mann ein.

Was zunächst wirr und unzusammenhängend wirkt, webt sich bald zu einer interessanten Geschichte, in der jeder Schritt in der Vergangenheit Auswirkungen auf die Zukunft hat…

Stoffgewordene Familiengeheimnisse

Ich muss gestehen, dass ich es interessant fand, wie unterschiedlich die Zeitstränge auf mich gewirkt haben. Der Gegenwartsstrang war für mich sehr einfach zu lesen, und zu verstehen. Der Vergangenheitsstrang bereitete mir da schon größere Schwierigkeiten. Allerdings kann ich nicht einmal genau sagen, woran es lag. War es der Schreibstil? Die für mich ungewohnte Situation in der High Society von Paris? Ich weiß es nicht. Nach meinen anfänglichen Problemen entfaltete dieser Handlungsstrang aber seine ganze Tragweite, und Seite für Seite begann ich zu verstehen, welche Verbindung Alice und Lucille haben, auch wenn gute 60 Jahre zwischen ihnen liegen, und vor allen Dingen, welche Rolle Sylvie, Lucilles Großmutter spielt. Die vorhin angesprochenen Kleider bilden dabei einen roten Faden (Wortspiel beabsichtigt), der die beiden Geschichten geschickt miteinander verbindet. Denn hinter dem „verlorenen Kleid“ steckt mehr, als man auf den ersten Blick zu glauben vermag.

Gerade Alice hat mich als Frau sehr beeindruckt. Denn einerseits muss sie nach außen hin das „Begleitstück“ ihres Mannes spielen, nach innen hin ist sie aber getrieben von der Sehnsucht nach einem erfüllenderen Leben als nur „Frau des Botschafters“ zu sein. Die Spannung des Buches, das Geheimnis von/um Sylvie, und die angesprochene Schnitzeljagd durch Paris, auf die Sylvie ihre Enkelin schickt, fesselte mich bis zum Ende des Buchs, sodass ich bis zur letzten Seite mitgefiebert habe.

Heißer Kandidat

Schnitzeljagd, Paris … wer da jetzt unweigerlich an Dan Brown denkt, der irrt aber gewaltig. Es ist weniger abenteuerlich und gefährlich, sondern viel mehr tragisch und mitreißend, welches Geheimnis hinter dem Kleid steckt. Für mich ist „Das verlorene Kleid“ jetzt schon ein heißer Kandidat auf den Buchtipp des Monats September. Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen, der für historische Romane, Familiendramen und starke Frauen offen ist. Es ist definitiv eines der Highlights meines Lesejahres 2022.

5 von 5 Eselsöhrchen.

Vergebene Eselsörchen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Abgabe eines Kommentars ist mir bewusst, dass persönliche Daten, die von mir angegeben wurden, gespeichert werden. Die Daten werden gemäß der Datenschutzerklärung gespeichert und verarbeitet. Über meine Rechte wurde ich in der Datenschutzerklärung belehrt.